
Netanjahus Koalition wackelt: Ultraorthodoxe drohen mit Regierungssturz
Die israelische Regierung steht vor ihrer schwersten Bewährungsprobe seit Beginn des Gaza-Krieges. Am Mittwoch soll das Parlament über einen Antrag zur Auflösung der Knesset abstimmen – ein Schachzug der Opposition, der nur dann Erfolg haben könnte, wenn Netanjahus ultraorthodoxe Koalitionspartner die Seiten wechseln. Der Zankapfel? Die seit Jahrzehnten umstrittene Befreiung ultraorthodoxer Juden vom Militärdienst.
Ein Privileg aus vergangenen Zeiten
Was 1948 als Schutzmaßnahme für eine Handvoll Talmudschüler nach dem Holocaust begann, hat sich zu einem massiven gesellschaftlichen Sprengsatz entwickelt. Heute drücken sich Zehntausende junger ultraorthodoxer Männer vor dem Wehrdienst – und das, während ihre säkularen Altersgenossen fast drei Jahre in Uniform verbringen müssen. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Von jährlich 13.000 wehrpflichtigen Ultraorthodoxen melden sich weniger als zehn Prozent freiwillig.
Rabbi Ephraim Luft aus Bnei Barak verteidigt diese Praxis mit religiöser Inbrunst: "Es gibt keinen Unterschied zwischen der spanischen Inquisition und dem israelischen Wehrpflichtgesetz", behauptet der 66-Jährige allen Ernstes. Das Militär vermische Menschen mit "sehr unmoralischen Ideen" – eine Gefahr für die religiöse Reinheit seiner Gemeinde.
Der Krieg als Katalysator
Doch der Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 hat die Karten neu gemischt. Mit 360.000 mobilisierten Reservisten erlebt Israel die größte Einberufung seit dem Jom-Kippur-Krieg 1973. Viele Reservisten haben bereits Hunderte Tage im Gaza-Streifen gedient, manche verweigern mittlerweile weitere Einberufungen. Die Armee ist so verzweifelt, dass sie über soziale Medien um Freiwillige wirbt.
In dieser Situation wirkt die Verweigerungshaltung der Ultraorthodoxen wie ein Schlag ins Gesicht all jener, die ihr Leben für die Sicherheit Israels riskieren. Das Oberste Gericht hatte die Ausnahmeregelungen bereits 2017 für illegal erklärt – doch die Politik verschleppte eine Lösung mit immer neuen Tricks.
Politisches Pokerspiel mit hohem Einsatz
Die beiden ultraorthodoxen Parteien Shas und Degel HaTorah halten Netanjahus Koalition am Leben. Nun drohen sie mit dem Ausstieg, sollte keine Lösung zu ihren Gunsten gefunden werden. "Sie kümmern sich nicht um den Krieg, die wirtschaftliche Lage oder irgendetwas anderes als ihre eigenen Gemeinschaftsinteressen", urteilt Shuki Friedman vom Jewish People Policy Institute schonungslos.
Die Drohung ist ernst gemeint: Tausende Einberufungsbescheide wurden bereits verschickt, erste Verweigerer bei Ausreisekontrollen verhaftet. Die Angst in den ultraorthodoxen Gemeinden wächst – und mit ihr der Druck auf die Politiker.
Ein System vor dem Kollaps
Mit einer jährlichen Wachstumsrate von vier Prozent sind die Ultraorthodoxen der am schnellsten wachsende Bevölkerungsteil Israels. Das macht das aktuelle System unhaltbar. Während das Land um sein Überleben kämpft, leben Zehntausende junge Männer von staatlichen Stipendien für ihr Talmudstudium – bis zum 26. Lebensjahr.
Die Ironie der Geschichte: Die ultraorthodoxen Parteien wollen den Krieg so schnell wie möglich beenden – nicht aus humanitären Gründen, sondern weil sie hoffen, dass dann der Druck nachlässt und sie ihre Privilegien behalten können.
Was bedeutet das für Israels Zukunft?
Sollte die Regierung tatsächlich stürzen, stünde Israel vor monatelangem politischem Chaos – mitten im längsten Krieg seiner Geschichte. Experten wie Gayil Talshir von der Hebräischen Universität glauben zwar nicht an einen sofortigen Kollaps, doch die Lunte brennt.
Die Ultraorthodoxen stellen die israelische Gesellschaft vor eine Zerreißprobe: Wie lange kann ein demokratischer Staat es sich leisten, dass ein wachsender Teil seiner Bevölkerung weder arbeitet noch Wehrdienst leistet, während andere ihr Leben riskieren? Die Antwort auf diese Frage könnte nicht nur über Netanjahus politisches Schicksal entscheiden, sondern über die Zukunft des jüdischen Staates selbst.
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